Sonntag, Juni 05, 2016

So suchten wir damals fuer ein Zuhause fuer Finn

Ob es irgendwo auf dieser Welt einen Platz fuer die Aussortierten gibt?
Lleida, die Autobahn, der heisse Sommer. Ich trotte diese ewig lange Strasse entlang, immer eng an den Strassenrand gedrückt, es ist laut, es ist heiss, der Fahrtwind der vorbeirasenden Autos wirbelt Staub auf. Wohin ich gehe, ich weiss es nicht. Immer die Strasse weiter, irgendwohin.  Dann hält ein Auto, eine Frau steigt aus, hockt sich hin, und ich bleibe stehen. Langsam geht sie auf mich zu, streichelt mir über den Kopf, nimmt mich auf den Arm und steckt mich in dies Auto hinein.

Eine Stunde später nimmt sie mich wieder hinaus, bringt mich zu einem Ort, an dem die Menschen um mich rumstehen und mich angucken. "Guck mal, die FUESSE!!" "Na, der hat bestimmt nie richtig zu essen gekriegt, so wie der aussieht, völlige Mangelernährung" "Schau mal,wenn er im Kreis laufen soll, dann fällt er um". Sie probieren Dinge an mir aus, lassen mich im Kreis laufen, stellen meine Fuesse verkehrt hin und schauen, wie ich sie wieder versuche richtig hinzustellen, und das nicht so recht klappen will. Sie rätseln über mich. Meine Herkunft, mein Wesen, und sie zweifeln sehr an meinem Gesundheitszustand. EineFrau fasst das in ein paar Worten zusammen: "So wie der aussieht, haben die bestimmt gesehen dass da nichts gescheites draus wird und haben ihn rausgeschmissen".
Das klingt gemein.
Aber wahrscheinlich hat sie Recht. Da wo ich herkomme herrschen die rauen Sitten des Landlebens, da wird nicht lange gefackelt, und was nicht zur Produktion taugt, wird aussortiert. Wahrscheinlich haben sie mich also aussortiert.
Was wird aus einem wenn man aussortiert wurde? Gibt es einen Ort fuer die Aussortierten?


Das war im Frühsommer. Seitdem lebt Finn bei uns in der Tierklinik, denn wir wissen nicht wohin mit ihm. Finn hat ein Leberproblem, was, durch die dadurch verursachten Vergiftungen, auch epileptische Anfälle verursacht. Dann braucht er schnell ein Medikament um den Anfall zu stoppen. Manchmal hat er einen Monat lang keinen Anfall, manchmal hat er 2 hintereinander, das ist nicht vorhersagbar.
Er kriegt Diaetfutter, in mehreren kleinen Portionen über den Tag verteilt. Er kriegt morgens und abends Medikamente um seine epileptischen Anfälle zu kontrollieren und seine Leberfunktion so gut es geht zu unterstützen.
In unserer Auffangstation kann er nicht leben, weil er dort zu viele Stunden unkontrolliert allein wäre. In der Klinik ist sein Leben in eine kleine Krankenbox gequetscht, und auch wenn die Nachbarn ihn zum Spazierengehen abholen,  das ist kein Zustand fuer einen so grossen Hund.

Finn ist wie ein grosser Troll. Er ist geistig ein wenig eingeschränkt, es ist schwer so ganz zu ihm durchzukommen, er macht meist, was ihm in den Kopf kommt. Das führt dazu, dass er mit Mobiliar wenig schonend umgeht und alle menschlichen Einwände nicht so recht begreift. Er beisst lieber das Tischbein ab, als drüber hinwegzusteigen. Er ist lieb und nett zu allen, manchmal ist er schreckhaft, und zu viele Aussenreize können ihn überfordern. Er spielt gerne mit anderen Hunden, die müssen ihn allerdings manchmal zurechtweisen, weil er seine Kraft nicht zu kontrollieren weiss.
Wir glauben, dass er zwar gut in einer Wohnung zurechtkommt, aber seine menschlichen Mitbewohner nicht mit ihm. Er findet es lustig, seinen Wassernapf umzustossen, dann im Galopp loszulaufen, auszurutschen, und über das Parkett zu schlittern. Oder zumindest lernt er aus solchen Erlebnissen nicht. Meist teilen Menschen diesen Sinn fuer Humor nicht.
Aber draussen leben, wo? Wo ist der Ort wo er einigermassen kontrolliert leben kann? Gibt es eine Auffangstation, einen Gnadenhof, wo er sein kann? Wo Menschen seine Erkrankung verstehen und damit umzugehen wissen?
Seine Behandlung ist nicht sehr teuer, aber sie erfordert Aufmerksamkeit und die Nerven, bei einem Anfall entsprechend zu reagieren. Niemand kann ihn ununterbrochen überwachen, aber er sollte nicht allzulange allein bleiben müssen. Menschen, die damit nicht umzugehen wissen, werden ihm nicht helfen können.
Wieviel Lebenszeit er hat ist schwer einzuschätzen, vielleicht hängt das auch vom Glück ab das er hat. Im Moment entwickelt er sich gut, er ist gewachsen, er ist fröhlich und abenteuerlustig. 

Letztendlich gab es nie jemanden, der den Riesentroll adoptieren wollte. So landete er dann bei uns in der Auffangstation in seinem Gehege um´s Haus herum.
Hier ist er, zusammen mit anderen Hunden des Betreuers die mit im Haus lebten.

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