Tagesspiegel von heute :
SpanienStiertrösterin bewegt die Nation
08.09.2015 22:40 Uhr
Gesten sagen oft mehr als Worte. Wie etwa jene Umarmung, mit der die Spanierin Virginia Ruiz dieser Tage einen sterbenden Stier tröstete – bevor der von einem Torero tödlich verletzte Bulle dann sein Leben endgültig aushauchte. „Ich wollte, dass dieses Tier nicht alleine, sondern wenigstens mit etwas Liebe aus unserer Welt stirbt.“
Die ungewöhnliche Szene der Stiertrösterin bewegte Spanien, wo der blutige Stierkampf inzwischen zunehmend umstritten ist. Ein Video (https://www.youtube.com/watch?v=_P96xfHQaC8) von der beherzten Tierschützerin, die sich in der südspanischen Stadt Malaga übers Geländer schwang und in die Arena sprang, wurde inzwischen auf der Internet-Plattform YouTube mehr als eine Million Mal gesehen.
Die internationale Tierschutzorganisation Peta verlieh der 38-jährigen Spanierin umgehend den Ehrentitel „Heldin der Tiere“. Und die Anti-Stierkampf-Bewegung feiert die gelernte Tierarzthelferin als neue Galionsfigur der immer stärkeren Protestbewegung gegen die mittelalterlich anmutende Torero-Tradition.
Virginia Ruiz, die sich in einer lokalen Tierschutzinitiative engagiert, wollte eigentlich nur vom Zuschauerrang aus Fotos vom „brutalen Stierkampf“ schießen. „Aber als der Torero dem Tier den Degen in den Nacken stieß und ich das Stöhnen des Stieres hörte, konnte ich nicht anders, als in die Arena zu springen, um dem röchelnden Stier eine letzte Umarmung zu geben.“
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Sie habe es traurig gefunden, dass Zuschauer begeistert klatschten, als der Stier nach dem Todesstoß des Toreros sterbend in den Sand sank. Und sie glaubt, dass der Mehrheit der Spanier dies nicht gefällt. Viele Menschen im Land schämten sich für diese „unerträgliche Grausamkeit“. Die fragwürdigen Todesspektakel seien kein repräsentativer Teil der Nation. „Spanien hat mehr zu bieten als Stierkampf.“
In der Tat geht die Popularität der Stierkämpfe in Spanien zurück. In den letzten zehn Jahren hat sich die Zahl der Stierkampf-Veranstaltungen auf knapp 1900 jährlich halbiert. Viele Arenen mussten zumachen, weil die Zuschauer ausblieben und öffentliche Subventionen gestrichen wurden. Immer mehr spanische Städte erklären sich zu „stierkampf-freien Gebieten“ - wie diesen Sommer Palma de Mallorca.
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